Seit nunmehr 10 Jahren veröffentliche ich Romane und Kurzgeschichten, mal im Verlag, mal im Selfpublishing und habe dabei zahlreiche Hochs und Tiefs erlebt. Irgendwann blickt man zurück, betrachtet seine Anfänge und beschäftigt sich mit der Frage: Bin ich jetzt erfolgreich? Erfolg, ein Begriff, der golden schimmert und gleichzeitig einen langen Schatten wirft. Inspiriert von den Podcasts mit meinem geschätzten Kollegen Lucian Caligo zum Thema Scheitern, beleuchte ich das Thema aus verschiedenen Winkeln und stelle mir selbst ein paar kritische Fragen.
Wer Interesse an den Podcast-Folgen hat, diese findet ihr hier:
Inhalt
> Ausdauer
Was ist Erfolg für mich?
Als ich mit dem Veröffentlichen 2012 begann, war jemand für mich als Autor:in erfolgreich, wenn sie oder er in einem Verlag untergekommen war. Viele Verkäufe gehörten natürlich dazu und Bekanntheit oder gar Anerkennung, unzählige Bewertungen und Schlangen auf Messen für Autogramme. Ich habe beinahe 10 Jahre gebraucht, um zu realisieren, dass nicht mein Umfeld meinen Erfolg definiert, sondern ganz allein ich.
Falsche Erwartungen
Auf meinen ersten Buchmessen hatte ich einen Heidenrespekt vor anderen Autor:innen, die zu ihren zahlreichen Büchern Autogramme gaben oder Widmungen schrieben. So musste es sich wohl anfühlen. Das wollte ich auch schaffen. Dabei war für mich gar nicht ersichtlich, ob das für diejenigen überhaupt Erfolg war.
Ich habe viele Fans und tausende Follower mit Erfolg gleichgesetzt. Selbst heute falle ich immer wieder darauf herein. Eigentlich sind es nichtssagende Zahlen. Schaut man sich die Interaktionen an, bin ich oft überrascht, dass bei mir mehr Leute liken und kommentieren als dort. Bin ich also erfolgreich? Woran mache ich das fest?
Erfolg ohne Ziele?
„Setz dir Ziele, dann weißt du es!“ Naja, primär schüre ich damit erst einmal Erwartungen an mich und mache mir selbst Druck. Kein besonders geschickter Schachzug. Ziele sind keineswegs verkehrt, allerdings bilden sie für mich eher einen roten Faden, der mir als Orientierung dienen kann. Bewusst kann, nicht muss. Mehr nicht. Natürlich ist es schön auf der FBM mit einem neuen Buch präsent zu sein, es zunächst einmal zu schreiben wäre indes wirklich ein Erfolg.
Der richtige Blickwinkel
Wie bereits angedeutet, hat Erfolg für mich nichts mit Zahlen, Daten, Fakten zu tun. Erst recht nichts mit Vergleichen zu anderen Büchern oder gar Autor:innen. Er ist ein Gefühl, eine Form der Zufriedenheit. Etwas, das einzig und allein meiner Seele guttut. Aber wie schärfe ich meinen Blick dafür?
Blick auf sich
Ich fühle mich erfolgreich, wenn ich etwas gemacht habe, an dem ich gewachsen bin. Damit meine ich nicht die Überwindung meines täglichen Faultiers, dann käme ich aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Dinge wie Ängste überwinden, ein langes Projekt abschließen, einen guten Plot oder Klappentext zu schreiben.
Es geht dabei um das, was ich anhand meiner physischen und mentalen Gegebenheiten mit wenig Aufwand erreichen kann und wofür ich über mich hinauswachsen muss. Und genau diese Grenze ist bei jedem anders. Deshalb macht es keinen Sinn sich mit anderen zu vergleichen. Vor allem aber ist eines niemals ersichtlich: Erfahrung. Und darin lässt sich per se nicht vergleichen.
Ausdauer
An und mit sich selbst zu arbeiten ist gar nicht so leicht. Man kennt seine Stärken und Schwächen, vor allem aber kann man vor sich selbst nicht fliehen. Erfolgreich zu sein, bedeutet an sich selbst zu arbeiten und dafür braucht man Geduld. Eigentlich brauche ich euch das nicht zu sagen. Es sich aber noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, kann nicht schaden.
Für alles was wir heute zu unseren Fähigkeiten zählen, haben wir Zeit gebraucht, mussten lernen oder die Dinge unzählige Male wiederholen. Das ist beim Schreiben nicht anders. Mit jeder Geschichte werden wir besser, weil wir an Formulierungen feilen, uns mit Themen auseinandersetzen oder gar mit Kritik und Feedback befassen. Und ist das nicht wunderbar? Die Möglichkeit zu haben nicht stillzustehen?
Der Weg als Ziel
Wie bei einem ausgedehnten Urlaub, ist gar nicht das Ergebnis das Ziel (also einen Urlaub gemacht zu haben) sondern jeden Tag die Reise zu genießen. Wir entdecken, schaffen, ändern und tauchen ab und erleben beim Schreiben so viel mehr, als in jedem Urlaub. Aber machen wir uns das bewusst? Wohl nur die wenigsten. Eben weil Erfolg etwas ist, dass einzig dem Individuum zu eigen ist, mag es schön sein am Ende ein Buch für andere hochzuhalten. Doch nichts kann das Lächeln in unseren Gesichtern in Worte fassen.
Schaut euch deshalb auf Messen einmal an, mit welcher Leidenschaft und Überzeugung Autor:innen von ihren Geschichten erzählen und versuchen, euch mit der gleichen Begeisterung anzustecken. Das ist Erfolg! Stolz zu sein auf die eigene Leistung, trotz innerer Kämpfe und Zweifel, die man bis dahin mit sich ausgefochten hat. Bemerkenswert.
Erfolg und seine Folgen
Auch wenn wir uns auf der Persönliche am Erfolg gedanklich einlassen, suggerieren uns Verkäufe, Bewertungen und positiver Zuspruch von anderen was Erfolg doch „wirklich“ sei. Und das bestimmt in erheblichen Maße unsere Selbstwahrnehmung. Gefühle kann man nicht messen, Verkäufe schon, also (Vorsicht Ironie) schaue auf deine niedrigen Verkaufszahlen und hinterfrage ALLES was du die letzten Jahre gemacht hast.
Danke, liebe Gesellschaft. Es gibt unzählige Gründe und äußere Faktoren, weshalb diese Zahlen sind wie sie sind. Einzig wichtig ist mein Mindset zu ihnen.
Das Mindset
Jetzt können wir das einfach mal aus zwei Richtungen betrachten:
Negative Betrachtung
Niemand möchte das Buch lesen. Kein Wunder, fiel es mir ohnehin schwer überhaupt zu schreiben. Es hat ja auch lange gedauert, vielleicht haben sie mich schon vergessen. Eigentlich müsste ich noch Posts machen, habe aber keine Ideen. Ohnehin klickt keiner, die sehen immer schlecht aus im Vergleich zu den anderen. Hoffentlich bringt es irgendwann mal die Kosten wieder rein.
Positive Betrachtung
Das hat nun wirklich lange gedauert, aber ich habe es durchgezogen! Trotz einiger schlechter Tage finde ich den Text richtig gut, nicht perfekt, aber er ist definitiv meins. Mal schauen, ob mir mein Netzwerk beim Pushen ein wenig helfen kann, da geht auf jeden Fall mehr. Dafür ist die Geschichte zu gut!
Spürt ihr was der zweite Text mit euch macht? Wie er euch mitzieht? Die Kraft der Gedanken ist enorm, deshalb ist es so wichtig, dass diese Strahlen. Macht euch bewusst was ihr geschafft habt. Das fällt euch schwer? Dann schreibt vielleicht ein Erfolgstagebuch und führt es euch Schwarz auf Weiß vor Augen, was ihr täglich leistet.
Die Wirkung von Innen und Außen
Wir negieren uns häufig, nicht weil wir selbst schlechte Grundgedanken haben, sondern weil die Erwartung anderer an den Begriff Erfolg uns etwas falsches suggeriert. Der Aufmerksamkeitshunger im Social Media, mit seiner schillernden Ich-bin-was-Welt, ist schlichtweg Gift. Es gibt Profilieren und es gibt Stolz sein. Man erkennt dies oft an der Art der Präsentation. Stolz drängt sich nicht auf, er schwingt mit. Er ist das Glimmen in deinen Augen, nicht das Funkeln auf einer teuren Uhr.
Authentizität und die Frage: Bin das ich? erleichtern den steten Blick auf sich selbst. Nur weil andere der Ansicht sind, man müsse etwas vorweisen, sollte dies nicht unsere eigene Wahrnehmung beeinflussen. Das ist allerdings schwieriger als man meint. Der Neider im Kopf ist oberflächlich und fragt nicht, wie lange jemand an dem Ergebnis gearbeitet hat, das man sieht. Allein wir kennen den Weg.
Erfolg kann verändern
So viele Jahre war ich blind und habe mich von falschen Eindrücken blenden lassen. Mein Wachstum der letzten Jahre tat mir nicht gut. Der Wunsch ein gutes Produkt zu liefern, ist dem Drang nach mehr Umsatz gewichen. Fataler könnte es gar nicht laufen. Aus meinen Schöpfungen wurde einfache Ware, die gefälligst Geld einzubringen hat. Dabei habe ich noch nicht einmal den Wunsch davon zu leben, ganz im Gegenteil.
In diesem Hamsterrad aus Zahlen freue ich mich über richtig gute Verkaufstage und ärgere mich, wenn nur 1 eBook abgesetzt wird. Dabei ist das alles gar nicht wichtig. Nicht primär. Ich war immer dann stark, wenn ich mit dem Netzwerk stark war. Blockbeiträge, Interaktionen, Podcasts, Interviews. Wenn ich einfach Autor war, funktionierte alles von allein. Und dann wird mir wieder bewusst, dass dies alles ein Teil des Weges ist. Genau wie beim Schreiben.
Dieser vermeintliche wirtschaftliche Erfolg hat nur eines geschafft, Druck aufzubauen. Mehr, mehr, mehr. Was beneide ich die Debütant:innen, die einzig durch ihren Stolz leuchten, weil nur ihre Geschichte zählt. Da möchte ich gern wieder hin. Ohne Geld funktioniert das auch nicht, aber es darf nicht an Position eins der Prioritäten stehen. Ich will ehrlich mit euch sein, dieser Druck nimmt mir seit geraumer Zeit die Freude am Schreiben.
Nach jedem Projekt werden die Tiefs ausgedehnter, immer häufiger kommt die Frage hoch: Wofür das alles? Jede Kleinigkeit wird zur Belastung. Und mit jedem weiteren Tag schmiedet man sich ein Korsett, das allmählich die Flamme fürs Schreiben erstickt. Ich weiß, dass es völlig bekloppt ist und trotzdem fühlt man sich machtlos. Wer das eine will, muss das andere wollen, hieß es nicht so? Was für ein Unsinn!
Der Weg hinaus
Auch wenn der Wunsch stark ist, nicht mehr zu schreiben, um den inneren Frieden zu finden, würde es dennoch nicht funktionieren, weil es eben genau dafür notwendig ist. Schreiben ist Entspannung, Selbstverwirklichung, aber auch Verarbeitung. Also muss der ursprüngliche Funken wieder zurückkehren: die Motivation.
Dafür habe ich mir das erste Mal keine Timeline auferlegt. Ich arbeite wann ich möchte, ohne Druck oder Verpflichtung. Ist mein Team für die spätere Umsetzung ausgebucht, dann muss ich mich in Geduld üben. Ist ohnehin notwendig.
Ich möchte wieder wachsen und Neues ausprobieren, daher will ich nicht einfach nur Geschichten schreiben, sondern Kunst schaffen. Illustrationen, Kapitelzierden, Covergestaltungen, mit Formaten und Aufmachungen spielen, die Möglichkeiten das Geschriebene zum Leben zu erwecken ausschöpfen. Mit dem neuen Buch Acusticon habe ich genau das gemacht. Was habe ich mit Sam einen Spaß gehabt völlig out of the Box zu denken.
Es ist ein langer Weg, den Kopf richtig auszurichten. Man geht jedoch den Pilgerpfad nicht, um sich am Ende feiern zu lassen, sondern um auf dem Weg dahin allerhand Erkenntnisse über sich selbst zu finden. Also schreiben wir doch einfach, um uns selbst besser kennenzulernen.