Ist es nicht herrlich, ein Buch in den Händen zu halten, eine Geschichte dafür sorgt, dass man die Umwelt vergisst, selbst das Blättern der Seiten nicht mehr wahrnimmt und sich nur noch in den Händen des Autors befindet? Es gibt so unzählige gute Geschichten, die genau dies können, aber eben auch welche, die schwächeln, denen Anziehungskraft und Ausdruck fehlen. Ich habe oft gehört: „Autoren sollten nicht die Werke ihrer Kollegen kritisieren. Das ist anmaßend.“ Frei nach dem Motto: „Klar, kannst du eine eigene Meinung haben, aber bitte behalte sie für dich.“
Stellt euch vor, wie arm die Welt dann würde. Ich kann weder Freud noch Leid teilen, besondere Erlebnisse müsste ich lächelnd in mich einschließen, Frust kleckernd und krümelnd in mich hineinstopfen.
Aber das machen doch die Blogger und Leser!
Wie könnten wir es denn wagen uns auf die Meinungswiese der Blogger und Leser zu setzen? „Sie lesen viel mehr und sie beschäftigen sich ausschließlich damit. Sie sind doch viel objektiver.“ Ich nicht? Denn ich bin Autor, Leser und Blogger und jetzt? Muss ich mich entscheiden? „Niemals!“, könnte ich heroisch in den Äther schreien und mich als Ritter der freien Meinung auf den göttlichen SuB stellen. Denn gerade, weil ich alles bin, sollte ich auch alles tun.
Rezensionen sind keine Kritiken
Dies mag nun etwas merkwürdig klingen, ist aber eine Frage der Einstellung. Rezensionen werden gerne mit Verriss, Demontage und anderen negativen Anhaftungen gleichgestellt. Oder zumindest, wenn sie von Autoren kommen, denn der Leser hat ja eine ehrliche Meinung. Was wäre, wenn man das Wort „Kritiken“ gegen „Ratgeber“ tauscht?
Ich unterstelle für mich als Autor, dass ich anders lese, als der reguläre Leser. Für mich ist nicht nur die Geschichte, der Spannungsbogen, sondern auch die Sprache, die Haptik und Optik des Buches wichtig. Mein Auge nimmt mehr wahr, weil eine Geschichte für mich einfach auch mehr ist. Und hier gibt es Gute und Schlechte.
Der Sinn von Rezensionen ist nicht nur die eigene Meinung kund zu tun, sondern auch explizit zu formulieren, was nicht gefällt oder begeistert hat. Ein Autor lernt ein Leben lang, jede Geschichte hat neue Hindernisse und Tücken, so wie Wege unterschiedlich gepflastert sind. Auf einigen ist man noch nie gelaufen und muss es erst lernen. Als Autor kann ich aber lernen, in dem ich zusehe (lese), mir ansehe wie andere es machen, ob gut oder schlecht. Oder, in dem ich die Rückmeldung zu den eigenen Büchern erhalte. Wenn ich meine Erfahrung teile, helfe ich dem anderen Autor noch besser zu werden. Daran ist nichts Anmaßendes, es ist eine helfende Hand, die man dankend annehmen sollte.
Kritik tut nicht weh
Wenn ich mich verkrampfe, kann ich auch nicht gehen. Wenn man den Wert einer guten Kritik erkennt, daraus neue Kraft und Motivation schöpft, dann hat man es verstanden. Sicherlich ist es frustrierend, wenn man ein Jahr an einem Werk gesessen hat, Testleser einem mitteilen „Das Ende ist aber Mist“ (mir selbst passiert) und belässt es so, weil man halt der Autor ist. Spätestens dann sollte man überlegen, ob man das Richtige tut, denn das Ego steht nicht über der Geschichte oder gar dem Leser. Wer sich nicht weiterentwickelt bleibt stehen und damit seine Geschichten.