Nun sind es bereits wieder eineinhalb Jahre im Selbstverlag, die Zeit vergeht. Aber wem sage ich das. Da sehr viel passiert ist, möchte ich diese Zeitspanne einmal Revue passieren lassen. Was habe ich gemacht, was lief gut, was schlecht und was ist noch auf der Liste. Vielleicht könnt ihr für euch etwas mitnehmen, um euren Weg ebenfalls voranzubringen. Ansonsten hoffe ich, dass ihr einfach Spaß am Lesen habt :)
Inhalt:
1. Die Ausgangssituation 2. Die Vorbereitungen 3. Der richtige Vertrieb 4. Mehr Sichtbarkeit 5. Umsatzsteigerung 6. Träume verwirklichen 7. Der Erfolg in Graphen 8. Fazit 9. Next Steps
Die Ausgangssituation
2019 hätte das Jahr werden sollen. Nach einigen glücklichen Fügungen sowie großen Erfolgen auf Messen in 2018, bin ich von einem Verlag angesprochen worden. Alle meine bestehenden Titel sollten neu aufgelegt werden. Eine Seltenheit, werden bestehende Texte eigentlich nicht genommen. Blind vor Euphorie habe ich mich ins Wagnis gestürzt und wurde bitter enttäuscht. Den Artikel hierzu könnt ihr separat nachlesen.
Privat wie beruflich wurde 2019, entgegen der Erwartung, zum schlimmsten Jahr in meinem Leben. Ich brauchte einen Cut, in jeder Hinsicht. Mit gerade einmal 1.000 € Einnahmen für das ganze Jahr, war es das bis dato schlechteste, obwohl doch alles hätte besser werden sollen. Damit brauchte ich über neue Projekte nicht einmal nachdenken. Aber aufgeben? Auf gar keinen Fall! Ich habe mich aus dem Tief erhoben, meinen Stolz durchgeföhnt und neue Pläne im Selbstverlag geschmiedet. Und mein Gott, hat sich das gelohnt.
Die Vorbereitungen
Da es schon die zweite Enttäuschung mit einem Verlag war, hatte ich bereits einige Jahre Selbstverlag-Erfahrung. Ich mochte die Freiheit, Kontrolle, Geschwindigkeit und wollte dies nun nicht mehr hergeben. Aber bevor es richtig losgehen konnte, bedurfte es einiger Vorbereitungen.
Für meinen neuen Weg wollte ich meinen Webshop wiederbeleben. Damit das geht, musste ich erst einmal ein Gewerbe anmelden (Ja, das ist notwendig, auch wenn man im Netz viel Unterschiedliches dazu liest). Bereits in der Vergangenheit hatte ich bereits damit geliebäugelt einen eigenen Verlag zu gründen. Allerdings hatte ich keine große Lust auf den steuerlichen Rattenschwanz, den das nach sich zieht. So ein tolles Logo wäre aber schon nett. Warum also nicht trotzdem eines nutzen und damit den Eindruck eines (Selbst)Verlages erwecken?
Da ich mich als Einzelunternehmer nennen kann wie ich möchte, solange mein Klarname im Firmenname steht, war dies die Geburtsstunde von AH Publishing, Andreas Hagemann. Samt fancy Logo und stolzem Inhaber. Dieser Schritt sollte sich als kluger Schachzug herausstellen, konnte ich nun auf den Publikationsplattformen einen „Verlagsnamem“ angeben. Es gaukelt all denen, die vom Selbstverlag oder Selfpublishing nicht viel halten, eben einen Verlag vor. Ätsch!
Nun schafft ein Name allerdings noch keine hochwertigen Neuveröffentlichungen. Der Verlag hat seinerzeit nicht wie vereinbart meine Serie Xerubian vollständig neu aufgelegt. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die überarbeiteten Fassungen selbst zu finanzieren. Eine schmerzliche Investition. Lektorat, Korrektorat und Cover waren noch ausstehend. An den folgenden Druck der Bücher dachte ich noch gar nicht. Natürlich musste auch der Buchwächter ein weiteres Mal angepasst werden, zudem Stand auch Teil 2 bereits in den Startlöchern. Wieder zusätzliche Kosten. Also, Backen zusammenkneifen und durch.
Der richtige Vertrieb im Selbstverlag
Wenn ich eines aus meiner vorherigen Selbstverlags-Zeit mitgenommen hatte, dann das Wissen, dass viele mehr an meinen Büchern verdienen, als ich. Ein weiterer Grund, alles wieder selbst in die Hand zu nehmen. Damit der Verdienst endlich bei mir landet, habe ich sämtliche Ebooks direkt bei den Plattformen eingestellt. Neben einer höheren Marge, hat dies zudem den großen Vorteil, dass ich Ansprechpartner habe, tagesaktuell den Absatz verfolgen kann, aber auch Möglichkeiten der Werbung und der inhaltlichen Gestaltung habe (Stichwort Buch SEO).
Ganz umsonst war die Zeit beim Verlag allerdings nicht. Ich habe viel über Druckkosten, Druckqualität und Vertrieb mitgenommen. Als ich dort die Kosten pro Printexemplar sah, wusste ich, das wird mein neuer Weg, denn der Unterschied zu PoD war immens. Für mich ganz persönlich konnte ich zudem genau die Art von Prints fertigen lassen, die mir selbst am besten gefällt: Leichte, flexible Bücher, ohne starre Bindung und mit hochwertiger Optik. Bei der Anzahl geschlagener Fliegen, fühlte ich mich wie das tapfere Schneiderlein. Damit diese traumhaft schönen Bücher aber auch den Weg in den Handel finden, benötigte ich noch einen Vertriebspartner.
Mehr Sichtbarkeit im Selbstverlag
Voller Erwartung habe ich mich zurückgelehnt und zugesehen wie allmählich die Käufe anzogen. In nur wenigen Monaten war der reine Verdienst beim Verlag überholt und ich habe mich ernsthaft gefragt, was mich damals nur dazu gebracht hatte. 2018 war ich auf einem Allzeithoch und kurz davor schwarze Zahlen zu schreiben. Dann kam der Absturz. Zwar hat mir die Reichweite des Verlages Sichtbarkeit verschafft, aber eben keinen Verdienst. Das wollte ich ändern. Nur wie?
Das erste Dreivierteljahr habe ich mir die Zahlen angesehen und Preisaktionen umgesetzt. Es gab erfreuliche Peaks, bei denen ich das erste Mal hunderte Euro in einem Monat verdient habe. Endeten die Aktionen, herrschte allerdings wieder Flaute. Bis dato kamen meine Einnahmen primär über Tolino Media und den Vertrieb. Wenn ich aber ehrlich zu mir war, dann auch nur zu den Veröffentlichungen meiner Neuauflagen. Das große A spielte eigentlich gar keine Rolle. Das sollte sich ändern, als sie endlich für nicht Kindle Unlimited (KU) Kunden die Werbung freigemacht haben.
Ich habe einige Wochen experimentiert, mir YouTube Videos angesehen, konnte meine Kosten aber nicht decken. Dann habe ich mir gedacht: ganz oder gar nicht. Ich habe mir eine Werbeagentur für Buchmargeting gesucht und wir sind die Sache strukturiert und sauber angegangen. Keyword Recherche, Amazon SEO, Bildoptimierung, vernünftige Produktseiten aufbauen, das volle Programm. Das ging gut ins Geld, hat sich letzten Endes bezahlt gemacht (hier wird es bald einen separaten Artikel zu geben).
Mein Plan war eigentlich langfristig mit einer Agentur zu arbeiten. So könnte ich mich mehr aufs Schreiben konzentrieren, während jemand anderes meine Umsatzkurve betreut. Leider ist dieser Plan nicht aufgegangen. Mein Gewinn reichte gerade so, um die Agentur zu bezahlen. Also habe ich die Reißleine gezogen. Dennoch mache ich mit den bestehenden Einstellungen weiter. Das funktioniert soweit gut, wenngleich das Investment aber weiterhin relativ hoch bleibt. Also wieder ein Sache, die man im Selbstverlag selbst erledigt :) Später aber auch hier mehr dazu.
Steigerung des Buchumsatzes
Die Aktivierung meines Online-Shops hatte gleich mehrere Gründe. Zum einen verkaufe einfach unheimlich gern, zum anderen ist es eine Freude wenn eine Mail mit der Verkaufsinfo reinkommt :) Von diesen emotionalen Faktoren einmal abgesehen, verdiene hier nur ich. Es ist die beste Möglichkeit die horrenden Kosten eines Buchprojektes wieder reinzubekommen. Wie bei allem, war der Anfang allerdings zäh.
Ich bin kein Kai Meyer, kein Markus Heitz, nur wenige kennen mich überhaupt persönlich. Man muss also wissen, dass ich einen Shop habe und genug Vertrauen mitbringen, diesen auch zu nutzen. Ich habe also Facebook Werbung geschaltet und besonderes Augenmerk auf die persönliche Widmung gelegt. Gleich in der ersten Woche habe ich für 300 € Bücher verkauft. Die Welle war allerdings nur sehr kurz. Es bedurfte etlicher Anpassungen, neuer Kampagnen und viele Monate Durchhaltevermögen, um regelmäßigen Absatz im Shop zu generieren. Der Krieg zwischen Apple und Facebook macht es da nicht einfacher, wenn permanent Einschränkungen im Erreichen der Kunden eingebaut werden.
Womit ich nicht gerechnet habe war der Einfluss, den meine Amazon Ads auf den Buchabsatz haben würden. Im gesamten Buchhandel ist der Absatz enorm gestiegen.
Träume verwirklicht
Mit meinem Selbstverlag AH Publishing habe ich mir bereits einen Traum erfüllt: Ich verlege meine Geschichten mit einem Höchstmaß an Professionalität im Selbstverlag. Mein Engagement hat mir aber auch neue Pfade eröffnet. Durch die Unterstützung meiner LeserInnen, konnte ich für alle Bücher Hardcover-Versionen realisieren. Etwas, dass vorher finanziell gar nicht möglich gewesen wäre. Heute erfreuen sich gerade diese Bücher sehr großer Beliebtheit.
Kommissar Zufall hat mir aber auch einen weiteren Traum ermöglicht: Das eigene Hörbuch. Ich habe mir das schon so lange gewünscht, sogar bereits selbst angefangen eines aufzunehmen. Nun ist es da und es ist toll! So sehen das auch die HörerInnen, denn die Bewertungen sind fast ausschließlich sehr positiv. Daher ist die Produktion des Zweiten für August 2021 geplant. Zudem sehen die ersten Zahlen unglaublich vielversprechend aus. Zwar ist das ebenfalls ein kostspieliges Unterfangen, aber die Nachfrage nach Hörbüchern ist riesig und meine Geschichten bieten sich förmlich dafür an. Also, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Der Erfolg in Graphen
Nun schreibe ich die ganze Zeit von Erfolgen, doch was bedeutet das genau? Prinzipiell ist Erfolg relativ und steht im Verhältnis zu den eigenen Zielen, Wünschen und Hoffnungen. Da ich versuche mich konsequent zu verbessern und meinen Absatz zu optimieren, ist also meine Vergangenheit meine Messlatte. Die nachfolgenden Graphen zeigen welchen Verlauf alles über die Jahre genommen hat und wo ich heute stehe.
Verkaufte Bücher
2013 habe ich mit bescheidenen 12 Büchern angefangen. 2014 waren es schon 14 (wow, ich weiß). Es war ein sehr langer und steiniger Weg. In den ersten Jahren sieht man den Fehler, den nahezu alle Neulinge begehen: Der Gleube, es wird sich schon verkaufen. Nein, wird es nicht. Wer nicht pro-aktiv Arbeit in die Vermarktung steckt, der wird einfach niemanden erreichen. 2016/2017 habe ich mit Social Media begonnen und mir ein Netzwerk aufgebaut. Das sieht man in den Zahlen. Deutlich wird auch das Jahr mit dem Verlag. Anschaulicher kann der Verlust, egal in welcher Hinsicht, gar nicht sein.
2019 habe ich das 1. Mal die Marke von 1.000 verkauften Büchern erreicht (insgesamt). In 2020 nach einem Jahr wieder. Und nun schaffe ich das nach nicht einmal vollen 5 Monaten. Das ist ein Wachstum, dass ich mir in dem Tempo auch nicht vorgestellt hätte. Aber man muss dran bleiben, nur wenn ich aktiv bin wird das bleiben.
Erreichter Umsatz
Ja, diese Zahlen werden für euch nur Balken bleiben ;) Worum es aber geht ist, was man mit Ausdauer und der richtigen Strategie erreichen kann. Ihr seht wie viele Jahre es gedauert hat, um dort zu landen wo ich heute bin. Was diese Kurve nicht zeigt, sind die Rückschläge, Enttäuschungen und schwierigen Zeiten. Neider steigen erst beim Erfolg ein, begleiten einen aber nie durch die harte Zeit.
Seit einigen Monaten schaffe ich es vierstellige Umsätze im Monat zu generieren. Alle Kanäle sowie die Werbung befruchten sich gegenseitig. Mehr Verkäufe bedeuten, mehr Bewertungen, die wiederum sorgen für mehr Verkäufe. Es ist ein Kreislauf. Natürlich ist es schön, zu sehen wie die Kurven steigen. Das Verhältnis ist aber wichtig. Bevor ihr deshalb vor Neid grün werdet, wie die Balken der Graphen, schaut euch erst den nächsten Abschnitt an, dann relativiert sich alles sehr schnell.
Der finanzielle Irrglaube
Natürlich sieht es toll aus, wenn der Umsatz solche Höhen erreicht. Was dabei gern vergessen wird, sind die Kosten, die ebenfalls zu stemmen sind. Druckkosten, Werbung, Lektorat, Korrektorat, Buchsatz, Webseite, Gebühren der Zahlungsdienstleister, Verpackungsmaterial, Briefmarken, Nachdrucke usw. Es ist ein Business. Denn auch rechtlich gesehen bin ich erst einmal Unternehmer und kein Autor. So schmerzlich diese finanzrechtliche Einstufung auch ist.
Damit ich 6 Romane als Taschenbuch, Hardcover und eBook veröffentlichen konnte (die Hörbücher auch nicht zu vergessen), war es ein sehr kostenintensiver Weg. Der gute Verkauf dieses Jahr wird zunächst einmal von Nachdrucken für den Handel aufgefressen. Trotz einem Rekordumsatz, bleibt derzeit noch nichts hängen. Das ändert sich zum Glück aber gerade. Wer den sofortigen Erfolg erwartet, wird verlieren und zwar gleich mehrfach: die Freude am Verkauf, vor allem aber am Schreiben. Deshalb lasse ich mich davon auch nicht blenden und habe dieses Jahr nur ein Ziel: schwarze Zahlen schreiben.
Mein Fazit zu 1,5 Jahre Selbstverlag
Ich bin selbst von mir überrascht, mit welchem Elan ich nach 1,5 Jahren noch immer meine Ziele verfolge. Bei all der Euphorie und dem Stolz, merke ich aber auch, dass ich mich dabei verändere. Die Leichtigkeit, mit der ich bislang auf meine Leidenschaft gesehen habe, schwindet. Der Geschäftsmann nimmt immer mehr Raum ein. Ich muss mich selbst bremsen, damit mein Ergeiz mir nicht die Freude am Schreiben trübt. Ja, ich habe weitere Pläne. Ja, ich habe viele Ideen. Aber nein, ich möchte nicht vom Schreiben Leben. Es soll sich allerdings selbst tragen. Vor allem aber helfen weitere Dinge zu probieren und neue Leser zu erreichen, aber eben nicht um jeden Preis. Das ist eine wichtige Lektion, die ich für mich mitnehme.
Amazon hat mich in seinen Möglichkeiten positiv überrascht. Nie wäre ich davon ausgegangen, dass es einmal solch ein wichtiger Motor werden würde. Facebook ist dagegen wie ein bockiges Kind, das permanent seine eigenen Spielregeln erfindet, um ja immer zu gewinnen. Das trübt einem oft die Freude, gleichwohl es aber auch weiß einen bei Laune zu halten. Mal schauen wo hier die Reise hingeht. Ohne geht es halt auch nicht.
Mein eigener Webshop bleibt mein Baby. Ohne ihn würde ich keine Rentabilität schaffen. Deshalb werde ich weiter hart daran arbeiten, meinen KundInnen ein angenehmes, sogar tolles Einkaufserlebnis zu bieten.
Zu guter Letzt habe ich für euch nur einen Rat: Habt Geduld. Aller Anfang ist schwer. Es braucht Zeit, vor allem aber Rückschläge, um den richtigen Weg zu erkennen. Ergreift Möglichkeiten beim Schopf, wagt es einmal Risiken einzugehen, vor allem aber: glaubt an eure Geschichten.
Next Steps
Wie mein geschätzter Autorenkollege Benjamin Spang so schön geschrieben hat: „Wenn DU nicht über dein Buch redest, wird es niemand tun“. Mit anderen Worten, Sichtbarkeit ist alles. Deshalb werde ich Stück für Stück meine Seite verbessern, sie mit meiner Frau zusammen SEO optimieren und optisch neu ausrichten. Eine Webseite ist ein Aushängeschild, ein Kontaktpunkt und erster Eindruck. Und der muss sitzen.
Sobald Corona uns nicht mehr geißelt, möchte ich zudem Messen stärker in meinen Fokus rücken. Wo immer es geht, ist das Ziel mit einem Verkaufstisch präsent zu sein. Ich liebe es einfach Gespräche zu führen, meine Begeisterung für die Geschichten zu teilen und natürlich meinen Schätzen ein neues Zuhause zu geben.
Ein Punkt, den ich schon viel zu lange vernachlässige, ist mein Blog. Ich habe so viel gelernt und möchte mein Wissen mit anderen AutorInnen teilen. Wie wichtig das ist, hat mein Artikel zum Impressumsservice gezeigt. Niemand sollte die gleichen Fehler wie ich machen, egal welcher Art. Ist mein Netzwerk stark, bin ich stark, denn wir alle leben von der gegenseitigen Unterstützung.